»Dir ist auch nichts peinlich, oder?«, fragte mich neulich jemand aus der Gemeinde, in der ich kirchlich aktiv bin.
Ich sah ihn verwirrt an. »Doch, eine Menge. Wieso?«
Ich war in dem Moment froh darüber, dass ich die Frage überhaupt nicht angreifend interpretierte, sondern fragte mich, was die eigentliche Aussage dahinter sein sollte.
Er erklärte es mir: Ich hatte in unserer Orchestergruppe nach Abwesenheiten für den anstehenden Sonntag gefragt und bei jemandem nochmal »öffentlich« nachgehakt, der sich nicht gemeldet hatte.
Erst auf meine verständnislose Miene hin, eröffnete mir mein Gegenüber, was daran das Problem war: Die Person hatte sich bereits im Vorfeld abgemeldet, was ich als Leiterin seiner Meinung nach hätte wissen müssen. Dass ich vor allen in der Gruppe nachgefragt habe und damit offenbart habe, wie »unvorbereitet« oder unstrukturiert ich sei, fand er für mich peinlich.
Es gibt mindestens drei Sachen, die ich an dieser Situation extrem spannend fand und finde:
- Die Wahrnehmung meines Gegenübers, wie ich in seinen Augen meine Leitungsfunktion auszuüben habe. Er stellt ganz andere Ansprüche an meine Aufgaben als ich. Wenn es mir wichtig wäre, was andere von mir denken, müsste ich eigentlich an dieser Stelle mit allen Orchestermitgliedern erst einmal besprechen, wie sie sich meine Leitung vorstellen, damit ich ihren Ansprüchen gerecht werden kann.
- Mein Gegenüber empfand ein Gefühl des Fremdschämens. Ich nicht. Mir ist es total egal gewesen, dass ich da nochmal nachgefragt habe. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass ich mir nicht alle Details merke, die mir jemand erzählt, selbst wenn es zu meiner Aufgabe gehört. Lustigerweise hat sich also jemand anderes schlecht gefühlt für eine Sache, die mit ihm absolut nichts zu tun hatte.
- Ich kenne meine Schwächen und vermeintlichen Fehler und verurteile sie nicht. Zwar will ich manche ablegen und mein Verhalten hier und da ändern, aber ich nehme dennoch alle Facetten in mir an – auch die hässlichen. Es kratzt kein bisschen an meinem Selbstbewusstsein, dass jemand mich für schlecht organisiert hält. Im Gegenteil, ich gebe offen zu (auch in der Orchestergruppe), dass man mir am besten alles drei Mal sagt und es zudem schriftlich mitteilt, weil ich mich schlichtweg weigere, meinen Kopf damit zu belasten, welche Termine andere Leute haben.
Damit der Blogbeitrag nicht zu lang wird, gehe ich heute nur auf den letzten Punkt ein.
Was kannst du an dir noch nicht akzeptieren?
Wenn wir hier bei frei&wunderbar davon sprechen, mehr Wohlstand in unser Leben einzuladen und Gott um Segen zu bitten, dann hat das immer zu einem Teil auch mit Selbstliebe zu tun.
Wohlstand kommt zu dir, wenn du davon überzeugt bist, ihn auch haben zu dürfen. Wenn ich dir zehntausend Euro in die Hand drücke und du ein schlechtes Gefühl damit hast (»So ein großes Geschenk darf ich nicht annehmen«, »Das habe ich nicht verdient«, »Wer bin ich, dass ich sowas kriegen sollte?«, »Bei meinem Glück ist das morgen wieder weg«, …), dann ist das direkt mit deinen Gedanken über dich verknüpft.
Gehe mutig auf die Suche nach den Punkten an dir, die du nicht magst. Trau dich, einen Schritt auf die negativen Gefühle zuzumachen, um sie endlich aufzulösen.
Eine Möglichkeit, dies zu tun, sind geführte Meditationen. Wenn du bei YouTube nach »Meditation Selbstliebe« suchst, wirst du zahlreiche Impulse vorfinden.
Du bist nicht deine Gedanken.
Anfangs ist es vielleicht ungewöhnlich für dich, diese Idee zuzulassen: Du entscheidest selbst über deine Gedanken.
Jeder von uns trägt Verletzungen, Kränkungen, negative Bewertungen mit sich herum, die uns im Laufe unseres Lebens zugetragen wurden.
Gerade wenn du im Alter von drei bis sechs Eltern oder Erziehungsberechtigte hattest, die dich ermahnt haben, die abfällig über dich oder mit dir gesprochen haben und die eben nicht immer die liebenden Elternteile waren, die man sich wünscht, dann sind diese Sätze tief in deine Seele (hier gemeint als Psyche) gefallen.
Als Kind nehmen wir alles, was unsere Eltern und Erwachsene um uns herum sagen, als wahr an. Wir übernehmen ihre Denkmuster, ihre Einstellungen und ihr Verhalten.
Erst im Laufe der Jahre entdecken wir unsere eigene Meinung. Leider nehmen sich nur wenige Menschen die Zeit und machen sich die Mühe, ihre Kindheitserinnerungen aufzuarbeiten, in denen die Grundsteine für ihr Selbstvertrauen gelegt wurden.
Du bist nicht deine Gedanken.
Deine Gedanken sind das Ergebnis deiner Erfahrungen und Entscheidungen aus der Vergangenheit.
Du hast jederzeit die Möglichkeit, neue Gedanken zu denken.
Vielleicht hast du derzeit Facetten an dir, die du nicht magst oder über die du negativ denkst. Das ist okay.
Statt die abzulehnen und dich immer wieder dafür zu verurteilen, dass du »zu unordentlich«, »zu unproduktiv«, »zu sprunghaft«, »zu aufbrausend«, »zu schüchtern« etc. bist, probiere mal das Gegenteil: Schenke gerade diesen Eigenschaften besonders viel Liebe.
Betrachte dich durch Liebe
Stell dir mal vor, du hättest ein Kind, das du so sehr liebst, dass du die Liebe kaum erträgst.
Dieses Kind sieht sich im Spiegel an und sagt: »Ich bin hässlich.« Oder: »Ich bin nicht gut genug.«
Was macht das mit dir?
Was würdest du deinem Kind sagen?
Was würdest du tun?
Du bist dieses Kind.
Und du bist die liebende Mutter oder der liebende Vater, der es betrachtet.
Welche negativen Gedanken hast du über dich?
Schreibe sie auf und prüfe jeden einzelnen davon, ob er für dich förderlich ist.
Frage dich, ob der Satz ultimativ wahr ist (wenn dein geliebtes Kind den Satz über sich sagen würde, müsstest du zustimmen, da es eine universelle Wahrheit ist?)
Wenn du den Gedanken loslassen möchtest, entscheide dich dazu.
Vergib dir, dass du schlecht gedacht hast.
Vergib deinen Mitmenschen, dass sie dich negativ beeinflusst haben. Oft wussten sie nicht, was sie taten.
Vielleicht braucht es einige Wiederholungen, bis die Gedanken wirklich langfristig weg sind. Aber eines Tages wird dich jemand auf eine vermeintliche Schwäche ansprechen und du wirst verwirrt sein, wieso das eine Schwäche sein soll und wieso es überhaupt relevant ist.
Denn du darfst dich von ganzem Herzen lieben.