(Podcast) Darum ist Veränderung so schwer

4. April 2023

Hier findest du das Transkript zu dieser Folge.

Das kann doch nicht so schwer sein! Wenn theoretisch einfach nur mein Gedanke über etwas geändert werden muss, damit sich etwas in meinem Leben verändert, warum fällt es mir dann so schwer, das auch zu machen?

Warum ist es so schwer, neue Routinen aufzubauen und sich Altes abzugewöhnen?

Warum fällt es mir so schwer, dranzubleiben? Wieso prokrastiniere ich?

Diese und weitere Fragen werden in der heutigen Folge beantwortet, die sich insbesondere damit beschäftigt, wie das Gehirn eigentlich funktioniert.

Das Primatengehirn

Als wir alle noch in Höhlen gewohnt haben, war hauptsächlich der Teil unseres Gehirns wichtig, den ich hier mal als das “Primatengehirn” bezeichne: Ein Gehirn, das in erster Linie impulsiv reagiert und uns am Leben erhält, indem es uns vor Gefahren warnt.

Damals war es sehr wichtig, Gefahren zu erkennen, denn alles Neue konnte schnell zum Tod führen:

  • eine unbekannte Beere, die so schön leuchtend rot strahlt
  • ein fremdes Volk, das so interessante Stöcker mit Steinspitzen auf uns richtet
  • ein neuartiges Tier mit großen Zähnen und scharfen Krallen

Schon als Babys lernten die Menschen damals, dass man sich von Unbekanntem lieber fernhalten sollte, wenn man überleben wollte. Wer nicht hörte, starb. So vermehrten sich in erster Linie die Vorsichtigen und gaben diese Vorsicht auch an ihre Nachkommen weiter.

Das Planungsgehirn

Das Gehirn besteht aber nicht nur aus dem Primatengehirn, in dem alles gespeichert ist, was uns überleben lässt, sondern auch aus dem präfrontalen Kortex, was ich hier mal mit “Planungsgehirn” oder “analytischer Verstand” wiedergebe.

Dieser Gehirnteil (der übrigens hinter der Stirn angesiedelt ist) analysiert die Situation.

Wenn du beispielsweise im Zoo bist und vor einem Tigerkäfig stehst, wird dein Körper erst einmal nervös, denn dein Primatengehirn schlägt Alarm: EIN TIGER! WEG HIER! WIR WERDEN ALLE STERBEN!

Dein Verstand jedoch beruhigt dich, weil du weißt, dass dieser Tiger dir nichts tun kann. Du vertraust darauf, dass der Käfig (oder die Scheibe) robust genug ist, um nicht zu zerbrechen, sollte der Tiger dich verfrühstücken wollen. Primatengehirn und Planungsgehirn kämpfen hier gegeneinander und in der Regel gewinnt dabei in diesem Fall der Verstand.

Bei Kleinkindern, deren präfrontaler Kortex erst noch richtig ausgebildet werden muss, sehen wir oft das Primatengehirn in Aktion: Sie haben richtig Angst, wenn sie den Tiger sehen und “verstehen nicht”, dass er ihnen nichts tun kann.

Auch im Alltag geht dieser Kampf weiter

Das Primatengehirn vermeidet Veränderungen, denn jede Veränderung ist etwas Neues, Unbekanntes – und es ist das oberste Gebot dieses Gehirnareals, Neues zu vermeiden. Wenn du also beispielsweise in deinem jetzigen Job unglücklich bist, gibt dir dein Gehirn automatisch Gedanken, die dich in dieser Situation halten (“So schlimm ist es doch auch wieder nicht …”).

Dein Verstand jedoch möchte manchmal das Neue, denn nur in der Begegnung mit Neuem entsteht Wachstum. Du möchtest vielleicht einen neuen Job, obwohl die Chance besteht, dass der nächste auch nicht dein Traumjob ist. Dein Verstand sagt dir, dass du jedoch höchstwahrscheinlich unglücklich bleibst, wenn du in diesem Job bleibst.

Und schon haben wir einen wunderbaren Konflikt und du weißt, dass du zwar Bewerbungen schreiben solltest, aber dir vergeht die Lust, sobald du dich dransetzen willst.

Hinzu kommt, dass die alten, automatischen Nervenverbindungen im Gehirn sehr gut ausgebaut sind, während neue, ungewohnte Gedanken wie Trampelpfade sind, die man erst einmal entlanggegangen ist. Ich vergleiche das gerne mit Wasser: Deine bisherigen Gedanken laufen durch ein breites Flussbett und sind wie ein großer Strom. Neue Gedanken tröpfeln wie ein Bächlein und jedes Mal, wenn du den neuen Gedanken denkst, schüttest du einen Eimer Wasser in den Bach, der nicht in den großen Fluss kommt.

Es dauert entsprechend lange, bis aus dem Bächlein ein Fluss wird und bis der alte Fluss austrocknet.

Entscheidungen trifft immer der präfrontale Kortex

Ein wichtiger Hinweis noch am Ende: Es ist der präfrontale Kortex, der Entscheidungen trifft. Also flapsig gesagt, dein Verstand.

Dein Verstand entscheidet, ob dem Signal des Primatengehirns (“Iss das Stück Schokolade, das fühlt sich gut an!”) Folge geleistet wird (“Nein, ich esse gerade keinen Zucker. Es wäre lecker, aber ich möchte nicht.”).

Natürlich gibt es Reflexe, die automatisch passieren, zum Beispiel dass man einen Satz in die Luft macht, wenn man sich sehr erschreckt. Das ist aber keine Entscheidung in unserem Sinne.

Wie verändert man sich nun (ohne in alte Muster zu verfallen?)

Das Geheimnis einer nachhaltigen Veränderung – sei es im Lebensbereich “Beziehungen”, bei Ordnunghalten, beim Sparen/Geldausgeben, beim “Stopfen” (z.B. emotional gesteuertes Essen) und so weiter – ist eine Veränderung der Grundhaltung.

Deine immer wieder gedachten Gedanken erzeugen diese Grundhaltung.

Wenn du deine Gedanken änderst, änderst du langfristig die neuronalen Bahnen im Gehirn. Wie beim Erlernen eines neuen Instruments bedarf auch das einiger Übung.

Eine starke Motivation kann dabei helfen (Motivation ist ein Gefühl, das durch bestimmte Gedanken erzeugt wird). Für mich ist beispielsweise der Satz “Ich habe mich so entschieden” oder “Ich will das so” bzw. “Ich will das in echt gar nicht” motivierend, wenn es um eine Verhaltensänderung geht.

Welche Sätze dir speziell in deiner Situation helfen, können wir in einem kostenlosen Mini-Coaching herausfinden.

SHARE THIS STORY