(Podcast) Selbstfürsorge oder Selbstsabotage?

11. April 2023

In der Komfortzone ist es – wie der Name sagt – sehr gemütlich. Wir nutzen sie, um uns zu erholen und wohlzufühlen. Das ist Selbstfürsorge – oder?

​​In dieser Folge gehe ich dieser Frage auf den Grund.

    
     

Was ist die Komfortzone?

In der Komfortzone ist alles bekannt. Es gibt keine Überraschungen, du fühlst dich gut. Keine Herausforderungen, kein Stress, keine unangenehmen Gefühle. Du findest es hier ziemlich gemütlich. Deshalb ja auch der Begriff “Komfort”: Es ist eine Gemütlichkeitszone.  

Das Problem der Komfortzone ist: Wenn man immer nur hier bleibt, gibt es keine Entwicklung. Wir wachsen nicht über uns hinaus, wenn wir uns immer nur mit guten Gefühlen füttern und wenn wir unsere Ängste nicht angehen. Wo Grenzen gemieden werden, endet die Entwicklung. 

Was ist Selbstfürsorge?

Selbstfürsorge auf der anderen Seite ist ein schöner deutscher Begriff. Aus dem Englischen kennst du sicherlich das Wort “Selfcare”, aber wir haben im Deutschen eine so schöne Beschreibung. Selbstfürsorge sagt im Grunde genau das aus, was gemeint ist: Ich kümmere mich um mich selbst, wie eine Mutter (oder ein Vater) sich um ein Kind sorgt.

Und das ist nichts Egoistisches, sondern sehr wichtig. Selbstfürsorge hilft dir, deine mentalen Abwehrkräfte zu stärken.

Unbewusst vs. bewusst: Wo liegt dein Fokus?

Sowohl die Komfortzone als auch Selbstfürsorge dienen deinem Schutz: Die Komfortzone bewahrt dich vor unangenehmen Gefühlen und vor destruktivem Stress. Selbstfürsorge bewahrt dich vor Überforderung/Burnout und wahrt deine Grenzen.

Der große Unterschied: Selbstfürsorge basiert in der Regel auf vorsätzlichen Entscheidungen, für die man sich zum Beispiel extra Zeit nimmt. Ich kann mir extra vornehmen, meine mentalen Abwehrkräften zu stärken, indem ich dieses und jenes und solches tue, gewisse Übungen mache oder ein Coaching buche.  

Die Komfortzone hingegen ist meistens etwas eher Unbewusstes. Und ich glaube, es kann sogar schon helfen, wenn man sich selbst erst einmal darüber bewusst wird: Möchte ich gerade einfach nur in meine Komfortzone gehen, weil ich mich zum Beispiel mit einer Herausforderung konfrontiert sehe und möchte ich in diese Komfortzone, um mich besser zu fühlen? Oder habe ich eine Herausforderung, die mich tatsächlich mental so überfordert, dass hier meine Abwehrkräfte ins Spiel kommen?  

Ich glaube, die allerwenigsten von uns machen sich darüber wirklich Gedanken. Beim ersten Fall ist es nämlich so, dass wir hier schnell ins “Stopfen” geraten.

“Stopfen” bedeutet, dass wir in unserem Leben in eine Situation geraten, die uns unangenehme Gefühle bereitet, wie zum Beispiel Angst oder Scham, und dass wir uns dann etwas suchen, was uns vermeintlich bessere Gefühle macht, wie zum Beispiel Schokolade essen, Alkohol trinken, netflixen, schlafen, rausgehen, spazieren gehen.  

Wir wollen ein Ziel erreichen – aber nicht den Weg dorthin gehen

Der Weg zum Ziel ist in der Regel mit viel Ungemütlichkeit gepflastert.  

Es gibt natürlich auch Ziele, die sich leicht erreichen lassen. Und vieles macht auf dem Weg ja auch Spaß. Ich bin ja Autorin und “Schreiben” finde ich persönlich an vielen Stellen echt anstrengend.

Deshalb für mich ist es ein ungemütlicher Weg, ein Buch zu schreiben.

Ich bin immer stolz, wenn ich es geschafft habe. Und gerade die Planungsphase macht besonders viel Spaß. Ich plane immer gerne, aber den Plan auszuführen ist das Problem. Ich mache mir immer gerne auch meinen Wochenplan usw. aber den Plan auszuführen ist das Ungemütliche, bei dem Widerstände aufkommen.

Das muss einfach gemacht werden und man hat keine Lust darauf. Punkt.

Viele geben dann auf, weil sie sagen: “Ach, das macht doch nicht so viel Spaß, wie ich dachte. Ich wusste nicht, dass das so unangenehm ist. Das lohnt sich wahrscheinlich sowieso alles nicht und ich weiß auch nicht, ob das alles was wird. Eigentlich will ich das ja auch gar. Ist ja nicht so wichtig.” 

Und dann gehen sie wieder zurück in ihre Komfortzone, sind gemütlich und fühlen sich dort wohl.

Es ist schön gemütlich, aber man bleibt auch schön da, wo man vorher war.

Es stellt sich also die Frage:

Warum möchtest du eigentlich dein Ziel erreichen?

Und – die Frage stelle ich immer gerne in persönlichen Coachings – warum wirst du auf jeden Fall dieses Ziel erreichen, komme was da wolle?

Und dieses “komme was da wolle” beinhaltet eben auch die eigene Unlust, die dann mal aufkommt und wo man einfach sich denkt: “Ich möchte jetzt einfach nur hier liegen und mich ausruhen. Aber stattdessen soll ich eine E-Mail schreiben” oder was auch immer gerade so auf dem Plan steht.  

Wie sorgst du persönlich dafür, dass du dein Ziel erreichen wirst?

Die Antwort kann lauten: “Mit der richtigen Motivation, mit den richtigen Gedanken, mit dem richtigen Gefühl.” Es gibt Gefühle, die uns von Zielen abhalten, wie zum Beispiel Irritation. Wenn man nicht weiß, was man tun soll, ist man verwirrt.   

Wähle ein Ziel und frage dich dann “Wie fühle ich mich, wenn ich daran denke?” In der Regel stellt man sich dann vor, wie toll es wäre, dieses Ziel zu erreichen und fühlt sich sehr motiviert. Falls das bei dir so ist, versuche herauszufinden, warum du dieses Ziel nicht schon lange erreicht hast. Was sind es für Gefühle, für Ängste, die dich davon abhalten, das Ziel zu erreichen?  

Und wenn dir keine einfallen, dann ist das Ziel wohl zu klein.

Denn Angst wird vor allen Dingen dann ausgelöst, wenn wir mit dem Unbekannten zu tun haben: Am Rande der Komfortzone.  

Wenn die Komfortzone ruft, dann geht es immer um die Frage: “Wie kann ich diese Angst vermeiden? Was kann ich tun, um nicht diese Angst zu haben?” Wenn die Intuition ruft (= wenn Gott ruft), dann geht es immer um das “Trotzdem”. Warum sollte ich das trotz der Angst machen? Warum ist es okay, diesen Weg zu gehen? Sollte ich das machen oder nicht?

Selbstfürsorge ist der präfrontale Cortex, der sich nämlich – Achtung! – manchmal dafür entscheidet, vorsätzlich unangenehme Gefühle zuzulassen, wenn sie dem größeren Ganzen dienen, wie beispielsweise der persönlichen Entwicklung.

Angenommen, ich habe in der Vergangenheit vielleicht etwas erlebt, bei dem ich Scham gespürt habe. Sehr unangenehm. Selbstfürsorge könnte dann heißen, sich zunächst einmal in einen “sicheren Raum” zu begeben (mental und/oder physisch).  

Dort sammle ich mich, um mir über meine Gedanken bewusst zu werden, vorsätzlich gute Gefühle auszulösen, um mich vom “Schock” der Scham zu erholen. Wenn etwas passiert ist, wo ich ohne Vorbereitung Scham gefühlt habe, brauche ich danach Erholung davon.

Dabei bleibt es aber nicht stehen. Das wäre die Komfortzone.

Selbstfürsorge geht weiter.

Selbstfürsorge kann heißen, aktiv –vielleicht auch mithilfe von Coaches – dieses Thema noch einmal anzugehen, sich also gedanklich noch mal in diese Situation zu begeben und die Scham nochmal zu spüren.  

Wie kann es Selbstfürsorge sein, Unangenehmes zu erleben?

Warum sollte das in irgendeiner Art und Weise Selbstfürsorge sein? Ganz einfach, weil ich mit den entsprechenden Methoden oder mit der Anleitung durch Coaches lernen kann, diese Scham auszuhalten und in meinem Körper zu verarbeiten. Und das stärkt meine Gefühlskompetenz.  

Das bedeutet:

Um regelmäßig aus der Komfortzone rauszugehen, also um regelmäßig unangenehme Gefühle zu erleben, brauche ich Selbstfürsorge, die mich lehrt, wie ich damit umgehe.

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